Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die Aggression und das aggressive Verhalten der Haushunde u.a. dadurch verursacht werden, dass wir die Hunde nicht gut kennen, von ihren Instinkten wenig wissen und ihre Lebensgewohnheiten nicht verstehen.
Aggressives Verhalten ist ein tief verwurzelter, natürlicher Instinkt, der den Fortpflanzungserfolg, die Sicherheit und das Überleben gewährleistet.
Auf emotionaler Ebene verursacht Aggression extremen Stress für Hunde, insbesondere wenn sie durch einen traumatischen Vorfall, missbräuchliche Handhabung oder die Unfähigkeit, mit sich ständig verändernden Umgebungen fertig zu werden, ausgelöst wird.
Unabhängig von ihrer Herkunft oder Absicht im Leben des Hundes ist Aggression fast nie ein nützliches oder erwünschtes Verhalten in einer häuslichen Umgebung und muss angemessen behandelt werden, um das Wohlergehen des Hundes, der Umwelt und seiner menschlichen Familie zu erhalten.
Aggression
Jeder Hund hat eine individuelle Persönlichkeit und kommt mit bestimmten Charakterzügen zur Welt, die sich nicht einfach weg erziehen lassen. Es ist die Pflicht und Aufgabe der Hundehalter, diese Eigenschaften zu erkennen und je nach Bedarf bestimmte Verhaltensweisen zu fördern oder zu unterbinden.
Hunde müssen sich sozial verhalten und sie müssen lernen, mit Frust umzugehen, damit sie einen festen, sicheren Platz in der Gesellschaft haben können. Hunde, die ein inadäquates oder gestörtes Aggressionsverhalten zeigen, die bellen, zerren, schreien, bei Hundebegegnungen in die Luft gehen oder in Wut ausbrechen weil der Mensch ihm den Knochen abgenommen hat sind zwar vieles aber definitiv nicht eins; sie sind nicht böse.
Verhaltensstrategien: Die 4 Fs
Grob zusammengefasst gibt es vier Bewältigungsstrategien, die Hunde anwenden, um mit Konfliktsituationen umzugehen. Sie werden kurz die 4 Fs genannt:
- Fight (kämpfen)
- Flight (flüchten)
- Flirt (flirten)
- Freeze (erstarren)
Die Verhaltensweisen, die mit Kampf, Flucht oder Erstarren einhergehen, gelten als „distanzsteigerndes“ Verhalten, da sie dazu dienen sollen, das, was der Hund als Bedrohung wahrnimmt, zu beseitigen. Die Strategie Flirt ist hingegen eine „distanzverringernde“ Verhaltensweise und ist als eine Friedensangebot zu sehen. Aber auch dieses Verhalten kann umkippen und in eine andere Form umschlagen. Überhaupt kann oft beobachtet werden, dass im Verlauf einer Konfliktsituation ein Hund eine Mischung von Strategien gleichzeitig zeigt oder von einer Strategie zur anderen wechselt.
Am besten ist es, wenn man dem Hund beibringen kann, dass es auch andere Wege gibt, Konflikte zu lösen. Dazu müsste aber der Mensch wissen, was es mit Aggressionen auf sich hat.
Was ist Aggression?
Zunächst einmal ist Aggression ein angeborenes und lebensnotwendiges Verhalten, das dazu dient, lebenswichtige Dinge zu erwerben, zu verteidigen und Bedrohliches auf Abstand zu halten.
Unterm Strich geht es bei der Aggression also um zwei Dinge: Die Bedarfsdeckung und die Schadensvermeidung. Erscheint eins dieser beiden Ziele „gefährdet“, wird als Reaktion ein angeborenes, agonistisches Verhalten gezeigt.
Unsere Haushunde genießen eine gute Rundumversorgung. Weder ist Nahrung knapp, noch müssten sie sich um ihre Sicherheit sorgen. Trotzdem nehmen immer mehr Hundebesitzer eine Verhaltenstherapie in Anspruch, um das aggressive Verhalten ihrer Tiere zu therapieren.
Woran liegt das?
Einfluss der Hund-Mensch-Beziehung: Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die Aggression und das aggressive Verhalten der Haushunde u.a. dadurch verursacht werden, dass wir die Hunde nicht gut kennen, von ihren Instinkten wenig wissen und ihre Lebensgewohnheiten nicht verstehen.
Frühe Isolierung und Abrichtung zum Artgenossen- und Menschenangriff, Vernachlässigung und reizarme, nicht rassegerechte Haltung sind weitere unterschiedliche Genesen, die aggressiven Hunden zugrunde liegen.
Aggressionsformen und ihre Ursachen
Territoriale Aggression: Wie bei vielen Tierarten haben auch Hunde einen Instinkt, ein bestimmtes Gebiet zu besitzen und sind geneigt, Eindringlinge in diesem Revier anzugreifen und zu vertreiben. Diese Art der Aggression kann sowohl gegen fremde Menschen als auch gegen Tiere auftreten. Sie manifestiert sich in Form von Abwehr.
Das Territorialverhalten kann nicht beeinflusst werden; es ist vorhanden oder nicht. Aber die Aggression in diesem Zusammenhang kann es.
Angstaggression: Angst kann dazu führen, dass sich der Hund bedroht fühlt und als Abwehr Aggressionen zeigt. Dies ist die häufigste Aggression bei Hunden.
Dominanzaggression: Es gibt im Wesentlichen zwei Gründe für die Entstehung dieser Aggression. Erstens ist Ihr Hund wirklich ein Anführer und kann manchmal Aggression zeigen, um seinen Standpunkt klar zu vertreten, und zweitens ziehen diese Hunde möglicherweise Aggression vor, um Überlegenheit zu etablieren und ihren eigenen Status aufgrund der unzureichenden Führungsqualitäten ihrer Besitzer zu erhöhen. Hunde mit Dominanzaggression können gegenüber ihren Besitzern, Gästen oder anderen Hunden Aggression zeigen, um sie dazu zu bringen, Dinge zu tun, die sie wollen oder nicht wollen. Grundsätzlich ist zwischen rangbezogener und angstbedingter Aggression zu differenzieren, da diese beiden Formen von Hundehaltern häufig verwechselt werden.
Ungerichtete Aggression: Entsteht aus Frustration, oft bedingt durch Fehlverhalten des Halters. Die Aggression richtet sich nicht gegen denjenigen, der sie ausgelöst hat, sondern gegen einen nicht beteiligten Menschen oder nicht beteiligtes Tier, der / das sich in unmittelbarer Nähe befindet.
Futteraggression: Der Wunsch, Nahrung wertzuschätzen und zu schützen, der das Ergebnis des Überlebensinstinkts ist, führt bei manchen Hunden zu Nahrungsaggression. Dabei kann es sich um Angriffe auf Fremde, Besitzer oder sogar andere Hunde handeln.
Mütterliche Aggression: Die Mutterschaftszeit kann dazu führen, dass sich das Verhalten vieler Hündinnen ändert. Sogar ruhige Hunde können während dieser Zeit aufgrund ihrer Hormone und Instinkte Aggressionen gegenüber Menschen und anderen Lebewesen entwickeln, die sich ihren Welpen nähern.
Hormonell bedingte Aggression: Meist zwischen Rüden. Bei Hündinnen können während der Trächtigkeit bzw. Scheinträchtigkeit und innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt der Welpen mit erhöhter Aggressionsbereitschaft reagieren.
Aggression durch Nicht- Verstehen: Nicht- Verstehen kann den Hund stressen. Kinder und Erwachsene, die die Körpersprache von Hunden nicht gut lesen können, können dazu führen, dass Hunde Aggressionen zeigen. Sich gegen einen Hund zu stellen, der nicht gestreichelt werden möchte, ohne zu merken, dass er sich zurückzieht, kann ihn wütend machen. Achtung und Respekt sind eine wichtige Grundlage für ein friedliches Zusammenleben.
Schutzaggression: Hunde können Aggression zeigen, um sich selbst, ihren Besitzer oder das Objekt vor äußeren Einflüssen zu schützen.
Schock- und schmerzbedingte Aggression: Viele Hunde, die normalerweise ruhig sind, können aggressives Verhalten zeigen, um bei einem tatsächlichen oder zu erwartenden Schrecken oder Schmerz ihren eigenen Körper zu verteidigen.
Grundlose Aggression (idiopathisch): Es ist die Aggression, die sich ohne Grund, vorzeitig und ohne Zweck entwickelt. Der Hund erlebt einen Wutausbruch und kann sich oder andere manchmal in Form von Beißen verletzen.
Erlernte Aggression im Rudel: Dies ist die Aggression, die bei Hunden beobachtet wird, die in Gruppen leben. Es tritt auf, wenn das aggressive Individuum von den anderen der Gruppe nachgeahmt wird.
Jagdbedingte Aggression: Im Gegensatz zu aggressivem Verhalten, das eine Distanzvergrößerung zum Ziel hat, dient die „Beuteaggression“ zur Distanzverkleinerung und ist daher nicht mit den anderen Aggressionsformen vergleichbar. Hier sprechen wir von einem „unerwünschtem Jagdverhalten“. Aufgrund der unterschiedlichen Motivationen unterscheiden sich die Therapieansätze.
Pathologische Aggression: Kann als Folge jeder Erkrankung oder jedes Traumas mit zentralnervöser Beteiligung auftreten (z.B. Epilepsie). Pathologische Aggression kommt sehr selten vor. Demnach haben nur 1% der Hunde pathologisch bedingte Aggressionsprobleme.
Therapie
Die Therapie von aggressiven Hunden setzt sich grundsätzlich aus Managementmaßnahmen und Therapiemaßnahmen zusammen. Es müssen geeignete Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, die notwendig sind, damit der Hund keine Gelegenheit mehr bekommt, Menschen, andere Lebewesen oder auch sich selbst zu gefährden. Zu den Therapiemaßnahmen gehören u.a. die Rangreduktion, Gegenkonditionierung und Desensibilisierung.
Aggression ist ein Problem , das auf alle Fälle rehabilitiert werden muss. Hunde können lernen, dass es auch andere Wege gibt, Konflikte zu lösen. Bitte holen Sie sich professionelle Unterstützung, wenn Sie das Gefühl haben, dass das Problem fest verankert ist oder Sie Schwierigkeiten haben, es zu lösen. Wenden Sie sich hierzu bitte an einen örtlichen Kollegen oder auch gerne an mich.