Es ist nicht nur ein Tier.
Es ist ein Herz, das schlägt.
Eine Seele, die fühlt,
Und ein Leben, das leben will.
Sylvia Raßloff
Die erste und beste Voraussetzung einem Lebewesen zu helfen, ist die strikte Trennung von Mitleid und Mitgefühl. Während sich in einem häufig Distanz ausdrückt, fördert das andere eher die Verbindung.
Gesundes Denken und Handeln benötigt die rationale Trennung dieser beiden Emotionen.
Kalt, einsam und dicht gepackt:
Die Angsthunde
Diese Hunde wollen vor allem eins; unsichtbar werden. Sie sind in ihrer Angst so gefangen, dass es ihnen gar nicht möglich ist, Dinge um sie herum wahrzunehmen. Sie sind wie gelähmt, eingefroren, haben Blockaden und das Wichtigste; sie leiden.
Es gibt aber Wege und Methoden ihnen zu helfen, um ein zufriedenstellendes Leben zu führen. Doch zurück zum Anfang, was ist überhaupt Angst?
Was ist Angst
Angst gehört zu den Basisemotionen und ist in erster Linie ein Normalverhalten, das den Organismus alarmiert, sich auf eine mögliche Gefahr vorzubereiten. Beschrieben wird dieses Gefühl als intensiv, erdrückend, meistens unkontrollierbar und den Geist einschränkend.
Gesunde Angst – Pathologische Angst
Es ist wichtig, ein normales Maß an Angst zu haben. Die Dosis dieser Angst sollte aber so festgesetzt sein, um bei einem riskanten Ereignis oder einer unmittelbaren Bedrohung angemessen darauf zu reagieren und danach wieder zu entspannen und ruhiger zu werden. Sie sollte also eine „vorübergehende Emotion infolge einer realen Gefahr“ bleiben und sich nicht entarten.
Im Gegensatz zu den normalen Gefühlen der Angst ist eine Angststörung gegeben, wenn die Ängste ohne jede reale Bedrohung, unangemessen, zu stark und zu häufig auftreten, wenn keine Bewältigungsstrategien verfügbar sind und wenn die Ängste ausgeprägte Erwartungsängste zur Folge haben. Die Schrecksekunde nach einem lauten Knall ist also keine Angststörung, auch nicht wenn der Hund kurz ein paar Schritte wegläuft.
Sowohl extreme Angst als auch geringe Angst bis hin zur Furchtlosigkeit haben Krankheitscharakter. Obwohl für alle Fälle professionelle Hilfe notwendig ist, ist der Fall der extremen Angst am wichtigsten. Bei den anderen beiden Formen ist es möglich eine gewisse Lebensqualität aufrecht zu erhalten, während sie bei extremer Angst sehr stark eingeschränkt wird.
Die Entstehung von Angst
Wie schon erwähnt ist Angst eine Emotion, ein angeborenes Verhalten und somit ein natürlicher Schutzmechanismus, um angemessen und schnell auf Gefahrensituationen reagieren zu können. Diese Angst wird zumindest teilweise durch Lernprozesse verstärkt. Dies können eigene negative Erfahrungen sein oder aber eine Übertragung der Erfahrungen anderer, ein einmaliges Schockerlebnis, mangelnde Sozialisierung, genetische Faktoren, Über- und Unterforderung, Verunsicherung und Kontrollverlust oder Krankheiten.
Als Folge der Urbanisierung haben Hunde, die von Natur aus eigentliche eine gute Anpassungsfähigkeit haben, begonnen, Schwierigkeiten zu zeigen, mit der Zeit Schritt zu halten. Viele Geräte, Fahrzeuge, Orte und Ereignisse, die das Ergebnis unseres modernen Lebens sind, können bei ihnen intensiven und hohen Stress verursachen. Bei vielen Hunden können auch die Instinkte ein Auslöser für ihre Angst sein. So kann z.B. das starke Geräusch des LKWs beim Entleeren des Müllcontainers eine Quelle der Angst für den Hund sein, der es mit dem Geräusch von Donnern in der Natur in Verbindung bringt.
Klassifikation von Angststörungen
Angst hat viele Namen. Eine klare Abgrenzung zwischen den Angstzuständen ist beim Training nicht entscheidend und oft auch nicht umsetzbar, da für den Menschen nicht immer nachvollziehbar ist, ob der Hund mit einer für ihn konkreten Bedrohung konfrontiert war oder ob es sich um ein subjektives Empfinden gehandelt hat. Entscheidend ist jedoch in allen Fällen zu erkennen, wann das Verhalten noch als „normal“ zu bezeichnen ist und wann es anfängt in eine übertriebene und damit krankmachende Richtung zu tendieren.
Dennoch möchte ich kurz die Unterschiede erwähnen:
Furcht ist eine gerichtete und gegenwärtige Angst. Sie beginnt dann, wenn der Hund die Präsenz des Reizes wahrnimmt. Da der Auslöser konkret vorhanden ist, hat der Hund Handlungsmöglichkeiten, um die Bedrohung zu eliminieren.
Im Gegensatz dazu ist Angst oder generalisierte Angst unbestimmt, also nicht objektbezogen und zukunftsorientiert. Sie bezieht sich auf das was passieren könnte und nicht auf das, was zu diesem Zeitpunkt tatsächlich passiert. Hier ist der Auslöser nicht bekannt. Folglich hat der Hund keine Handlungsmöglichkeit was einen stärkeren Stresszustand hervorruft als Furcht.
Unter Panik werden plötzlich auftretende, grundlose und übertriebene Angstreaktionen verstanden, die sowohl in der Anwesenheit eines Auslösers auftreten können als auch unabhängig von diesem. Die Intensität einer Panikreaktion ist stärker als die von Angst- oder Furcht und es kommt immer zur Flucht bzw. zu einem Fluchtversuch des Hundes.
Eine Phobie ist ein Angstzustand, der immer mit einer bestimmten Situation oder einem bestimmten Objekt verbunden ist. Sie ist exzessiv und tiefgründig und ihrer Intensität wesentlich stärker, als es der Situation angemessen wäre. Diese Stressreaktion kann bestehen bleiben, obwohl der Auslösereiz bereits verschwunden ist. Im Gegensatz zu Angst oder Furcht wird eine Phobie nicht dadurch verstärkt, dass der Hund der Ursache der Phobie wiederholt ausgesetzt wird.
Die verschiedenen Angstformen
- Angst vor Artgenossen
- Angst vor Menschen
- Angst vor Gegenständen
- Trennungsstress
- Angststörung
Diese Ängste haben immer Ursachen und sind auf jeden Fall erfolgreich zu therapieren, unter den bestimmten Bedingungen, dass die Trainingsmaßnahmen richtig und konsequent ausgeführt werden. Therapietreue seitens Hundehalter ist, wie in allen anderen Bereichen auch, immens wichtig. Sie werden sehen, der süße Geschmack des Erfolgs wird nicht ewig auf sich warten lassen.
Therapie von Angsthunden
Die erste und beste Voraussetzung einem Lebewesen zu helfen, ist die strikte Trennung von Mitleid und Mitgefühl. Während sich in einem häufig Distanz ausdrückt fördert das andere eher die Verbindung.
Wenn Sie reines Mitleid mit einem Tier haben, dann sind Sie nicht in der Lage einzugreifen und die Situation des Tieres zu verbessern, obwohl Sie die nötigen Mittel, egal in welcher Form, hätten. Mitleid ist nämlich ein Gefühl von Unbehagen und enthält immer eine Stresskomponente. Sie sind selbst bekümmert, besorgt und emotional instabil. In so einem Zustand können Sie gar nicht aktiv werden. Es geht einfach nicht. Ihr Geist und Körper ist eher mit sich selbst und dem Herstellen der Stabilität Ihrer eigenen Gesundheit beschäftigt. In diesem Fall ist Ihre Rolle nur auf das „Zuschauen“ beschränkt.
Anders hingegen ist es beim Mitgefühl, das mit der Bereitschaft einhergeht, sich zu engagieren. Sie erkennen die schwierigen Gefühle des Hundes. Sie werden aktiv, sind fürsorglich, verständnisvoll, handeln vorausschauend und fühlen mit, ohne in das Leid des Tieres hineingezogen zu werden.
Sie müssen unbedingt diese beiden Emotionen rational trennen. Ich weiß, es ist eine hohe Kunst, aber es ist zwingend nötig, wenn Sie die Lebenszustände Ihres Hundes verändern wollen. Angsthunde profitieren enorm von der Sicherheit und Souveränität, den der Halter ausstrahlt. Bevor mit dem eigentlichen Angstbewältigungstraining begonnen wird, müssen Sie unbedingt, falls noch nicht geschehen, an Ihrer Bindung, Haltung und Ihrer inneren Einstellung arbeiten. Viele wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass klare Regeln und Strukturen Sicherheit vermitteln und die Grundvoraussetzung für das eigentliche Angstbewältigungstraining darstellen. Für einen Angsthund ist nichts schlimmer, als die Welt jeden Tag neu erfinden zu müssen. Wenn Regeln, Routinen, Rituale und Reviere eine äußere Ordnung schaffen, wird sich das innere Chaos mit dem richtigen Training nach und nach verlieren.
Es gibt viele bekannte Verfahren und ergänzende Maßnahmen zur Behandlung von Angststörungen. Welches Verfahren für welchen Hund und welchen Halter angemessen ist, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, die Angst durch Medikamente herabzusetzen, damit ein Lernen und somit eine Verhaltenstherapie überhaupt möglich wird. Dies können Pheromone und leichte Beruhigungsmittel auf pflanzlicher Basis sein, bis hin zu Antidepressiva. Im Verlauf des Trainings kann mit Absprache des Tierarztes immer noch entschieden werden, ob das Medikament abgesetzt bzw. ausgeschlichen werden soll. In jedem Fall gilt, Medikamente alleine sind keine Lösung, sie sollten immer nur begleitend zum Trainingsprogramm gesehen werden und das auch nur als Übergangslösung.
Allgemeine Regeln
- Grundsätzlich muss man sich darüber im Klaren sein, dass so ein Training oft nicht geradlinig erfolgreich verläuft, sondern immer mal wieder durch Rückschläge durchzogen sein kann. Zudem wird ihre Hauptsorge nicht die Ängste ihres Hundes sein, sondern die Zeit, die es dauern wird, diese Ängste zu beseitigen. Das Zurückziehen von ängstlichen Verhaltensweisen ist eine Übung, bei der Sie geduldig, konsequent und verständnisvoll sein werden müssen.
- Versuchen Sie niemals, Ihren ängstlichen Hund zu bestrafen. Dies kann dazu führen, dass er mehr Angst hat, die Form der Angst sich ändert oder seine Reaktion verstärkt.
- Seien Sie immer positiv, denken Sie daran, dass Ihre Einstellung zu Ihrem Hund sehr wichtig ist. Unterstützen Sie Ihren Hund, der sich angesichts der Angst machtlos und hilflos fühlt, mit den richtigen Methoden.
- Setzen Sie sich einfache Ziele. Zu hohe Erwartungen setzen sowohl Sie als auch Ihren Hund unter Druck.
- Kleine Schritte sind immer die wichtigsten. Geben Sie dem gewünschten Verhalten eine große Bedeutung und belohnen Sie auch den noch so kleinen Schritt!
- Die größte Ursache für Aggression bei Hunden ist ihre Angst. Wenn Sie einen Hund haben, der aus Angst aggressiv ist, müssen Sie geeignete Sicherheitsmaßnahmen einführen damit der Hund weder Menschen noch andere Lebewesen gefährden kann. In Extremfällen ist es am besten, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
- Das wichtigste am Ende des Tages ist immer Hartnäckigkeit. Ausschlaggebend ist, an Dingen dranzubleiben, und zwar für alle erfreulichen Verhältnisse in fast allen Lebensbereichen.
Holen Sie sich Unterstützung: Wenn Sie das Gefühl haben, dass das Problem fest verankert ist oder Sie Schwierigkeiten haben, es zu lösen, wenden Sie sich bitte an einen örtlichen Kollegen oder auch gerne an mich.